Sebastianus-Archiv

Hier findest Du ausgewählte Artikel aus dem aktuellen  Sebastianus bereits vor dem offiziellen Erscheinungstermin unseres Heftes. Die Artikel sind im Heft mit einem QR-Code versehen und enthalten zusätzliche Informationen. Vorbeischauen lohnt sich also!

Anruf vom stellvertretenden Bundesschützenmeister…
Ein Gespräch mit Wolfgang Genenger


Offiziellen des Bundes der historischen deutschen Schützenbruderschaften sagt man schonmal nach, sie seien nicht mehr für die Basis da und hätten sich von den Bruderschaften entfernt. Ein Gespräch mit Wolfgang Genenger zeigt das Gegenteil. Ein zuweilen herausforderndes Gespräch, denn es sprudelt aus unserem Schirmherrn nur so heraus. Und mit 63 Jahren ist er lange noch nicht fertig.


Sebastianus: Hallo Wolfgang, du wurdest zwar in der Januar-Ausgabe bereits vorgestellt. Aber erzähl uns doch bitte vorab ein bisschen von dir.


Wolfgang Genenger: Ich bin am 30. März 2025 zum dritten Male für fünf Jahre zum stellvertretenden Bundesschützenmeister gewählt worden. Meine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, die Bundesorganisation zu leiten und federführend zu betreuen. Darunter fällt natürlich auch das Hundertjährige Jubiläum im Jahre 2028, das ich jetzt schon plane. Außerdem werde ich mich in der kommenden Amtszeit um die Arbeitsgruppe Medienkommunikation kümmern, da ich ja bereits für die Website des Bundes zuständig bin. Das passt dann ganz gut zusammen. Dazu soll auch unsere Verbandszeitschrift „Der Schützenbruder“ umstrukturiert und auf neue Beine gestellt werden. Ergänzend dazu kümmere ich mich auch noch um die Fahnen-Schwenkwettbewerbe. Ich bin aber auch noch bei den Sappeuren in Viersen-Rahser und bei den „Weißen Husaren“ aktiv. Dazu kommt noch mein politisches Engagement, ich bin seit 31 Jahren im Viersener Stadtrat. Abgerundet wird das Ganze mit meinen Aktivitäten an Karneval, wo ich unter anderem als Sitzungspräsident fungiere.


Sebastianus: Das ist eine ganze Menge! Wie gerät man an die ganzen Ehrenämter? Hast du das geplant oder hat sich das nacheinander entwickelt?


Wolfgang Genenger: Man macht ja irgendwo auf sich aufmerksam. Ich bin jetzt 63 Jahre alt und seit 54 Jahren bei den Schützen der Nothburga Schützenbruderschaft. Mit 21 Jahren hat man mich dann zum Vizepräsidenten gewählt, weil ich damals anscheinend schon gut reden konnte. Als dann zwei Jahre später der Präsident der Bruderschaft gestorben ist, hat sich das dann zu einem langfristigen Engagement entwickelt und ich stand plötzlich in der ersten Reihe. Wenn man in so jungen Jahren schon so aktiv ist, wird man zwangsläufig irgendwann Bezirksbundesmeister, dann Diözesanbundesmeister. Spätestens ab dieser Position wird dann auch der Bund auf einen aufmerksam und so hat man mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, das Amt des stellvertretenden Bundesschützenmeisters zu übernehmen. Es war auch noch der Bundesschützenmeister im Gespräch, da möchte ich aber lieber der jüngeren Generation den Vortritt lassen.


Sebastianus: Wie lange möchtest du deine Ämter auf Bundesebene noch weiterführen?


Wolfgang Genenger: In fünf Jahren, zum Ablauf der kommenden Amtszeit, bin ich dann 68 und dann ist es für mich auch Zeit, einmal Platz für die jüngere Generation zu machen.


Sebastianus: Kommen wir zum Jubiläum Schützenfest: Was ist dir wichtig in deiner Rolle als Schirmherr, und gibt es Themen, die du mit Leben füllen möchtest?


Wolfgang Genenger: Zunächst einmal wurde ich ja damit überrascht, dass ich die Schirmherrschaft nicht nur für das Schützenfest, sondern für das gesamte Jubiläumsjahr übernehme. Für mich ist das eine große Ehre und darüber hinaus pflege ich zu Kaarst natürlich über die Jahre auch enge freundschaftliche Beziehungen. Mir ist es wichtig auf dem Teppich und für jeden ansprechbar zu bleiben und die Aufgabe als Schirmherr mit Herzblut und Engagement auszufüllen. Mittlerweile kennen mich ja auch viele in Kaarst und ich freue mich schon jetzt auf die vielen Begegnungen, die wir haben werden.


Sebastianus: Die Kontakte zu Kaarst hast du ja seinerzeit über die Sappeure geknüpft. Hier bestanden ja auch enge freundschaftliche Beziehung zu Bernd Siedler. Bist du auch Mitglied der Kaarster Bruderschaft?


Wolfgang Genenger: Seit dem 1. Januar dieses Jahres bin ich tatsächlich auch Mitglied der Bruderschaft. Ich gehöre hier aber keinem Schützenzug an, weil ich dann meinen anderen Aufgaben irgendwann nicht mehr gerecht werden könnte. Natürlich möchte ich damit auch ein bisschen meine Zugehörigkeit zur Kaarster Bruderschaft untermauern, was aber nicht heißt, dass ich am 31. Dezember wieder austreten werde. Ihr werdet schon länger etwas von mir haben.


Sebastianus: Wo sind die Unterschiede zwischen den Bruderschaften in Rahser und Kaarst und gibt es Dinge, die du bei der jeweils anderen Bruderschaft gerne sehen würdest?


Wolfgang Genenger: Da kann und möchte ich keine Vergleiche anstellen, zumal beide Bruderschaften auch vollkommen verschieden sind. In Rahser haben wir 100 Schützen und Bernd Siedler hat es einmal so beschrieben: In Rahser geht es familiär zu. Das trifft in gewisser Weise auch auf Kaarst zu, allerdings in einer ganz anderen Größenordnung, in der sich viele untereinander auch gar nicht kennen. Ich möchte euch Kaarstern auch gar keine Verbesserungsvorschläge machen. Hier wird eine super Arbeit geleistet, was sich auch in den Mitgliederzahlen – als ich erstmalig 1985 mit Kaarst in Berührung kam waren es 700, heute 1280 Mitglieder -, der Entwicklung des Festplatzes und des gesamten Schützenfestes widerspiegelt. Das bewundere ich auch ein stückweit. Alleine der Festplatz: Wie schwierig ist es in der heutigen Zeit attraktive und verlässliche Schausteller zu engagieren? Das macht euer Vorstand schon richtig gut. Die Kaarster sind schon verdammt gut aufgestellt. darüber hinaus habe ich natürlich auch alle anderen Schützenfeste in den Kaarster Stadtteilen besucht, und jedes hat seinen ganz eigenen Charme und es wäre eintönig, wenn es überall gleich wäre.


Sebastianus: Gerade in der heutigen Zeit ist es ja auch wichtig für uns als Bruderschaften, einen Standpunkt zu vertreten. Der Bezirksverband hat dazu ja im vergangenen Jahr unter Federführung von Thomas Schröder seine Demokratie-Kampagne umgesetzt. Wo siehst du die Bruderschaften in fünf bis zehn Jahren vor allem auch in politischer Hinsicht?


Wolfgang Genenger: In der heutigen Zeit müssen wir Flagge zeigen. Wenn wir 100 Jahre zurückblicken, da gab es zuerst die Weimarer Republik danach die NS-Zeit. Für uns als Bruderschaften ist es wichtiger denn je, nun die demokratischen Parteien in unserem Land zu unterstützen. Natürlich sind uns auch dort nicht alle Parteien wohlgesonnen und legen uns den ein oder anderen Stein in den Weg. Dennoch sind das allesamt keine Gegner der Demokratie. Die Gegner der Demokratie gilt es allerdings entschieden zu bekämpfen. Hier sind wir als Schützen gefragt und müssen uns auch dementsprechend aufstellen. Momentan vergeht keine Woche, wo sich nicht irgendein Mitglied einer Bruderschaft als Kandidat oder ähnliches zur AfD bekennt. Und da bekommen wir natürlich auch Anfragen, wie die Bruderschaften sich dazu jetzt verhalten sollen.


Sebastianus: Aber was wäre dann konkret die Lösung?


Wolfgang Genenger: Eine Partei wie die AfD ist für uns kein Thema. Wenn es dann doch Schützenbrüder geben sollte, die sich dazu bekennen, müssen wir ernsthafte Gespräche führen, denn die Werte, die die AfD vertritt, stehen im kolossalen Widerspruch zu den Werten, die wir als Bruderschaften vertreten. Das passt nicht zusammen und ist auch nicht verhandelbar. Ein Mitglied muss sich also bekennen: Will er Schütze sein oder ist ihm die Politik der AfD wichtiger. Da stehen der Bund und die Bruderschaften auch eng zusammen.


Sebastianus: Ist in diesem Zusammenhang nicht Präventionsarbeit auch wichtig und sinnvoll?


Wolfgang Genenger: Dahingehend schulen und sensibilisieren wir mittlerweile auch unsere Brudermeister bei den verschiedenen Tagungen. Hier werden in Zukunft sicherlich auch Konzepte ausgerollt werden. Unser und mein Standpunkt bleiben dabei aber bestehen: Die Demokratie ist nicht verhandelbar.


Lieber Wolfgang, vielen Dank für das Interview und wir freuen uns, dich an vielen Stellen in diesem Jahr in Kaarst begrüßen zu können.

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